Trennung von Staat und Kirche endlich konsequent umsetzen

Die Jungen Liberalen München fordern die in Art. 140 des Grundgesetzes verankerte Trennung von Religion und Staat in die Realität umzusetzen, da gegenwärtig diverse Verflechtungen bestehen, die diesem Verfassungsgrundsatz nicht gerecht werden.

Die Religionsfreiheit muss endlich konsequent auf ihren Kern als Abwehrrecht reduziert werden. Die besonders von den christlichen Religionsgemeinschaften daraus abgeleiteten Sonderrechte und -privilegien und ein damit einhergehender Einfluss auf weltliche Institutionen ist damit jedoch nicht zu vereinbaren. Daher fordern wir folgende Maßnahmen:

  1. Verwaltungsaufgaben sind von den Religionsgemeinschaften selbst zu erledigen

Der Status diverser Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts ist nicht weiter tragbar. Die Kirchensteuer ist abzuschaffen. Die Bewältigung von anderen Verwaltungsaufgaben, z.B. Kirchenaustritt, sind nicht von staatlichen Behörden zu regeln, sondern sind Aufgaben der Religionsgemeinschaften selbst. Auch Ersatzregelungen zum Einzug der Kirchensteuer, in welcher der Gesetzgeber Dritten diese Tätigkeit vorschreibt, lehnen die Jungen Liberalen München ab (z.B. durch Banken im Rahmen der Abgeltungssteuer). Ebenso muss der Eintritt und Austritt aus der Kirche den gleichen Regelungen unterliegen wie bei allen anderen Vereinen auch. Durch den Wegfall der Kirchensteuer entfällt auch die einzige Rechtfertigung den Bürger von staatlicher Seite nach seiner Religionszugehörigkeit zu befragen. Diese Befragungen haben folglich völlig zu unterbleiben.

  1. Staatssubventionen für kirchliche Ausgaben beenden

Die Bezahlung der katholischen Bischöfe und der evangelischen Landesbischöfe und diverser weiterer Angestellter im Kirchendienst aus dem Staatshaushalt durch die Länder ist weder mit Verfassung noch mit dem gesunden Menschenverstand vereinbar. Ebenso wenig ist der Staat Sachaufwandsträger für religiöse Gebrauchsgegenstände. Die Bezahlung ist Aufgabe der Kirchen und soll in Zukunft von diesen übernommen werden. In gleicher Art und Weise ist auch die Kirchenbaulast für die öffentliche Hand zu regeln. Auch das Kornreichnis, welches die Kirche von einigen Gemeinden einfordert, und alle weiteren Subventionen, z.B. für Kirchentage, sind umgehend abzuschaffen. Zu all diesen Zwecken fordern die Jungen Liberalen München endlich die Umsetzung von Art. 138 Abs. 1 WRV zur Ablösung dieser überkommenen Regelungen.

Ebenso muss sichergestellt werden, dass die Kirchen nicht länger den Betrieb imagesteigernder Einrichtungen, wie beispielsweise konfessionelle Kindergärten, als ihre eigenen ausgeben darf, wenn die Finanzierung nicht allein durch diese getragen wird. Es kann nicht sein, dass der Staat Einrichtungen kirchlicher Träger subventioniert, und diese dann nicht allgemein zugänglich sind oder Andersdenkende Benachteiligungen ausgesetzt sind.

  1. Streichung des gesetzlichen Schutzes von Sonn- und Feiertagen

Die Jungen Liberalen München sehen in der staatlichen Definition der Feiertage sowie der zahlreichen Verbote bestimmter Tätigkeiten und Vorschriften, welches Verhalten erwünscht und welches unerwünscht ist, eine nicht hinnehmbare Bevormundung der Bürger. In einer freien Gesellschaft darf nicht das, was sonst wie selbstverständlich erlaubt ist, an einigen wenigen Tagen verboten sein.

Die meisten Feiertage entspringen der christlichen Religion bzw. christlichen Tradition. Wenn der Staat sich anmaßt, für diese Tage spezielle Regeln aufzustellen, stellt dies eine eklatante Verletzung der religiösen Neutralität eines säkularen Staates dar.

Die Jungen Liberalen München fordern daher die unverzügliche und komplette Aufhebung aller rechtlicher Sonderbehandlung ausgewählter Tage im Jahr.

Das bedeutet konkret:

Arbeitsverbot an Feiertagen:

Die Jungen Liberalen München fordern die Aufhebung des Arbeitsverbots an Sonn- und Feiertagen. Dazu ist insbesondere Art. 140 GG, Art. 139 WRV aufzuheben.

Die Verpflichtung der Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer das Entgelt für die Arbeitszeit, die infolge eines Feiertages ausfällt, zu zahlen, fällt damit ebenso weg.

Auch das Fahrverbot für LKW an Feiertagen muss aufgehoben werden.

Stille Tage:

Sämtliche Sonderregelungen für „Stille Tagen“ sind abzuschaffen. Dazu zählt insbesondere auch das Tanzverbot.

Steuern:

Die Einkommensteuerbefreiung nach EStG §3b für Zuschläge, die für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, ist vollständig aufzuheben.

Ladenschluss:

Die Jungen Liberalen München fordern die Aufhebung der einengenden Bestimmungen zum Ladenschluss. Es muss die 7×24-Regelung beschlossen werden.

Dazu auch ist die bayerische Ladenschlussverordnung anzupassen.

  1. Sonderstellung des Christentums aus bayerischer Verfassung streichen

Aus der Verfassung des Freistaates Bayern sind folgende Passagen zu streichen, die den Kirchen grundlos Sonderrechte und einen unverhältnismäßigen Grad an Schutz einräumen:

  • Der Gottesbezug aus der Präambel, dies soll auch für das Grundgesetz gelten
  • Das besondere Recht auf Beteiligung der Religionsgemeinschaften an der Erziehung „ihrer Kinder“
  • Streichung der Ehrfurcht vor Gott als oberstes Bildungsziel aus Art. 131 Abs. 2 (Ebenfalls aus Art.1 Abs. 2 Satz 3 BayEUG)
  • Streichung der Vorgabe der christlichen Erziehung an Volksschulen aus Art. 135 (Ebenfalls aus Art.7 Abs. 2 BayEUG)
  • Die Aufrechterhaltung der staatlichen Zuwendungen an die Kirchen aus Art. 145 wird im Sinne von Art. 138 WRV beendet. Statt der Einräumung der Möglichkeit, neue Leistungen zu beschließen, sollen solche Leistungen an dieser Stelle ausdrücklich verboten werden.
  • Die in Art. 182 festgeschriebene Fortgeltung der Konkordate ist zu streichen. Der Gottesbezug in Vereidigungsformeln („So wahr mir Gott helfe“) für alle politischen Positionen, Posten im Justizwesen sowie im Militär, ist zu streichen
  1. Religionsunterricht hat in öffentlichen Schulen nichts zu suchen

Der Religionsunterricht in öffentlichen Schulen ist durch ein Fach zu ersetzen, das verschiedene weltanschauliche und religiöse Ansätze, sowie die Werte unserer Verfassung vermittelt. Dieser Unterricht wird durch Beamte oder Angestellte im öffentlichen Dienst, nicht durch Priester, Pastoren oder Amtsvertreter anderer Religionsgemeinschaften abgehalten. Art. 7 Abs. 3 GG ist ersatzlos zu streichen.

  1. Religionswissenschaftliche Fakultäten reformieren, Konkordatslehrstühle abschaffen

Konfessionelle theologische Fakultäten an staatlichen Hochschulen, die der Ausbildung von Geistlichen dienen, sind abzuschaffen. Es ist den Religionsgemeinschaften ungenommen, für diesen Zweck private Ausbildungsstätten zu schaffen. Ebenso ist es auf der anderen Seite den staatlichen Hochschulen im Rahmen der Forschungsfreiheit weiterhin möglich, religionswissenschaftliche Fakultäten einzurichten. Ebenso sind die Konkordatslehrstühle abzuschaffen. Dabei handelt es sich um Lehrstühle an staatlichen Universitäten, hauptsächlich bayerischen, außerhalb der Theologischen Fakultäten, bei deren Besetzung die katholische Kirche ein Einspruchsrecht besitzt.

  1. Religiöse Symbole aus öffentlichen Institutionen verbannen

Die in Art. 7 Abs. 2 BayEUG festgelegte grundsätzliche Anbringung von Kruzifixen in jedem Klassenraum verstößt gegen die weltanschaulich-religiöse Neutralität des Staates und ist daher strikt abzulehnen. Dasselbe gilt für alle Räume aller weiterer Gebäude öffentlich-staatlicher Institutionen.

  1. Sonderstellung der Religionsgemeinschaften im StGB eindämmen

Auch im Strafgesetzbuch wird den Religionsgemeinschaften ein unverhältnismäßiger Schutz über reine Abwehrrechte hinaus gewährt. Wir fordern:

  • Die Streichung von § 132a Abs. 3 StGB, der Amtsbezeichnungen, Titel, Würden, Amtskleidungen und Amtsabzeichen von Religionsgemeinschaften schützt. Analoges soll auch für die Passagen von § 126 OwiG mit gleichem Inhalt gelten.
  • Die besondere Schutzwürdigkeit der Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsvereinigungen im sog. Gotteslästerungsparagraphen 166 und in § 167 StGB ist nicht zu rechtfertigen. Beide sind daher zu streichen.
  • Der bloße Tatbestand des Diebstahls aus einem der Religionsausübung gewidmeten Gebäude oder eines religiösen Gebrauchsgegenstandes (§243 Abs.1 Nr. 4) soll nicht für sich einen schweren Diebstahl darstellen. Analoges soll für die schwere Brandstiftung (§ 355) gelten.
  • Die Beschädigung von religiösen Gebrauchsgegenständen soll nicht mehr wie in § 304 als gemeinschädlich betrachtet werden.
  1. Sonderstellung der Religionsgemeinschaften im Medienrecht beenden

In die Bundesprüfstelle zur Kontrolle der Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte dürfen keine Vertreter von Religionsgemeinschaften und deren Wohlfahrtsverbänden als Beisitzer ernannt werden. Die im öffentlich-rechtlichen Rundfunk eingeräumten Sonderrechte für Religionsgemeinschaften, wie die Sonderrechte bei der Kurzberichterstattung (z.B. Art1. § 5 Rundfunkstaatsvertrag) und die Einräumung von Sendezeiten (z.B. Art. 1 § 42 Rundfunkstaatsvertrag ) sind zu streichen. Sitze in Fernsehräten, Rundfunkräten und sonstigen Versammlungen der Anstalten des öffentliche-rechtlichen Rundfunks sowie Sitze im Verwaltungsrat der Filmförderungsanstalt dürfen nicht von Mitgliedern von Religionsgemeinschaften und deren Wohfahrtsverbände besetzt werden. Die Verletzung religiöser Gefühle ist kein Grund Förderungshilfen im Rahmen der Maßnahmen zur Förderung des deutschen Films nicht zu gewährleisten. Im § 19 des Filmförderungsgesetzes ist daher der Satzteil „oder religiöse Gefühle verletzt“ zu streichen.

  1. Arbeitnehmerrechte auch in kircheigenen Betrieben sichern

Die Jungen Liberalen München fordern, dass alle Ausnahmetatbestände im Arbeitsrecht, die den Kirchen als Arbeitgeber eingeräumt werden, für den Geltungsbereich von der Kirche angestellter Laien wegfallen. Wir wollen diesen den gleichen Arbeitnehmerschutz einräumen, wie wir ihn auch allen anderen zugestehen würden.

  1. Reform der Anstalts- und Militärseelsorge

Soweit Patienten in Krankenhäusern, Insassen von Strafanstalten und anderen bereits jetzt das Recht auf Zugang zu Seelsorge eingeräumt wird, ist den Seelsorgern auch künftig im Rahmen der Hausordnung der Zugang zu den Seelsorgebedürftigen zu gewähren. Sofern die Glaubensgemeinschaft dafür Kosten in Rechnung stellt sind diese vom Seelsorgebedürftigen selbst zu tragen.

  1. Steuerpolitische Sonderstellung rein kirchlicher und religiöser Tätigkeiten und Organisationen beenden

Der Staat subventioniert kirchliche Organisationen nicht nur mit direkten Finanzhilfen, sondern stellt diese zusätzlich noch steuerlich besser. Daher sind aus Sicht der Jungen Liberalen München folgende Maßnahmen zu treffen:

  • In dem §§ 51, 52 Abs. 2 Nr. 2 und 25 sowie § 68 Nr. 6 AO ist die rein kirchliche Tätigkeit und die Förderung der Religion als steuerbegünstigter Zweck ersatzlos zu streichen. Dementsprechend entfällt auch § 54.
  • Die Befreiung von der Körperschaftssteuer für Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die rein kirchliche Zwecke verfolgen, in § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG und die Abziehbarkeit von Aufwendungen für rein kirchliche Zwecke in § 9 Abs. Nr. 2 KStG werden ebenfalls gestrichen.
  • Die Steuervergütung zum Ausgleich der Umsatzsteuer für Körperschaften, die rein kirchliche Zwecke verfolgen, in § 4 Abs. 1 UStG ist zu streichen, ebenso der ermäßigte Mehrwertsteuersatz für Leistungen rein kirchlicher Körperschaften in § 12 Abs. 2 Nr. 8a.
  • Die Befreiung von der Gewerbesteuer für Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die rein kirchliche Zwecke verfolgen, in § 3 Nr. 6 GewStG und die Kürzung der Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen von Aufwendungen für rein kirchliche Zwecke in § 9 Abs. Nr. 5 GewStG werden ebenfalls gestrichen.
  • Die Erbschaftssteuerbefreiung für Zuwendungen an in- und ausländische Religionsgemeinschaften und die Erbschaftssteuerbefreiung für Zuwendungen an in- und ausländische Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen sowie Zuwendungen für Zwecke rein kirchlicher Art. § 13 Abs. 1 Nr. 16 und 17 ErbStG sind folglich ersatzlos zu Streichen.
  • Gleiches gilt für alle Befreiungstatbestände von der Grundsteuer für Grundbesitz von Religionsgemeinschaften unabhängig von deren Nutzung aus § 3 Abs. 1 Nr. 4 bis 6, § 4 Nr. 1 und 2, § 5 Abs.1 Nr. 2 bis 4 und Abs. 2.
  1. Konkordate kündigen

Zur Umsetzung dieser Forderungen ist auf eine Kündigung der Konkordate, die für den Bund als Ganzes oder für einzelne Bundesländer gelten, hinzuwirken. Bei künftigen Verträgen mit dem Vatikan ist darauf zu achten, dass der Status des Heiligen Stuhls als Völkerrechtssubjekt nur noch in dessen Eigenschaft als Staat und nicht mehr in dessen Eigenschaft als Religionsgemeinschaft anerkannt wird.


Gültigkeit: am 03.07.2019 um weitere 10 Jahre verlängert

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